In unserem letzten Blogbeitrag haben wir dich ausführlich über das Thema Hochstühle aufgeklärt. Wann Babys im Hochstuhl sitzen dürfen, ob die Füße aufstehen müssen, ob ein Tablett und eine Newbornschale notwendig sind. Aber nicht nur der Hochstuhl an sich ist wichtig, sondern auch die motorischen Aspekte bei der Beikosteinführung sind absolut essenziell für Eltern, die mit ihrem Baby in die Beikost starten. Zu diesem Thema haben wir einen grandiosen Gastbeitrag einer absoluten Expertin.
Das ist Maike. Wer Maike noch nicht kennt, sollte das schleunigst ändern. Maike klärt auf ihrem Instagram-Kanal kinderphysiotherapiemaike täglich über wichtige Themen auf. Zum Beispiel über die motorische Entwicklung, Störfaktoren und auch um alle Themen rundherum. Lauflernschuhe, erste Schuhe, Laufräder, Bobbycar, Tragen, Kleidung, Bauchgeburt, Reboarder – einfach über alle Themen, die Eltern interessieren. Wer ihr noch nicht folgt, verpasst auf jeden Fall etwas.
Maike ist Kinderphysiotherapeutin mit mehr als 12 Jahren Erfahrung und bringt somit nicht nur die Expertise als Mama sondern auch enorme berufliche Erfahrung mit.
Wann ist das Baby beikostreif?
Die Beikostreife ist nicht an Altersangaben, sondern an bestimmte Entwicklungsschritte gebunden.
Bevor ein Baby in der Lage ist, etwas Essbares mit der Hand selbstständig in den Mund zu stecken, es dort irgendwie zu zerkleinern, mit der Zunge hin und her zu bewegen und dann runter zu schlucken, müssen bestimmte motorische Fähigkeiten in der Rücken- und Bauchlage entwickelt haben.
Die Beikostreifezeichen
Um die Beikostreifezeichen zu erfüllen, sollten also bestimmte motorische Fähigkeiten vorhanden sein.
Der Zungenstoßreflex, bei dem die Zunge bei Berührung der Lippen nach draußen schiebt, wird meist vollständig zum Ende des 1. Lebenshalbjahres abgebaut. Dann kann die Zunge sich außerdem seitlich bewegen, was gleichzeitig zur Drehung aus der Rücken- in die Bauchlage geschieht.
Die Hand- Mund- Auge- Koordination hat sich das Baby zuvor mit den Entwicklungsschritten Fixieren der Augen, Hand- Hand- und Hand- Hand- Mund- Kontakt sowie dem gezielten Greifen in Rücken- und Bauchlage erarbeitet.
Das sich gestützt sitzend halten können inklusive Kopfkontrolle entsteht durch eine komplexe Rumpfkoordination im Sinne von Anspannung und Gleichgewichtsfähigkeit. Diese erarbeitet sich das Kind zuvor in der Rücken- und Bauchlage sowie beim Drehen und Greifen.
Mit „ab 4 Monaten kann das Baby Brei oder Fingerfood essen“ stimmt also pauschal als Aussage nicht und die Entscheidung, welcher Zeitpunkt nun der richtige ist, sollte individuell anhand der Fähigkeiten des Kindes entschieden werden.
Wo darf mein Baby zum Beikoststart essen?
Etwa in der Babyschale auf dem Hochstuhl?
Sie sind praktisch, die Babyschalen, die man auf einen Hochstuhl klicken kann. Praktisch, das Baby beim Kochen und den Mahlzeiten bei sich zu haben. Es ist dabei, auf der gleichen Höhe, kann kommunizieren und erlebt Alltag hautnah.
Zeitlich sollten wir Eltern dieses jedoch begrenzen, denn durch die Position und die Neigung, die starre Position, in der das Baby angeschnallt liegt/sitzt, sind physiologische und altersgerechte Bewegungen nicht möglich.
Die Rumpfmuskulatur kann den Rücken noch nicht in der Senkrechten halten und benötigt anfangs eine noch sehr große Unterstützungsfläche!
Auch kann es sein, dass es die Reize, die in dieser Höhe, in dieser Position auf es einprasseln, nicht verarbeiten kann.
Bitte nie in der Babyschale füttern
Beikost – egal ob Brei oder feste Kost- sollte in dieser Position zwischen Waagerechte und Senkrechte besser nicht gegeben werden: die Verschluckungsgefahr ist erhöht!
Erfüllt euer Baby alle Beikostreifezeichen, so ist es ratsam, das Baby für die Zeit der Mahlzeit auf eurem Schoß an das Essen heran zu führen- leicht gestützt durch euch in der Senkrechten!
Auch in der Position wird es würgen oder sich mal verschlucken, ganz bestimmt! Dabei ist es jetzt einfacher, alle Schutzreflexe zu nutzen und zu große Stücke wieder aus zu husten.
Dringende Empfehlung: macht noch vor dem Beikoststart einen 1. Hilfe- Kurs am Kind, damit ihr Sicherheit beim Verschlucken ausstrahlen und notfalls handeln könnt!
Schoß oder Hochstuhl beim Beikoststart?
Wieso darf ein noch nicht selbstständig sitzendes Kind auf dem Schoß sitzen (-d gehalten werden), aber nicht auf einem Hochstuhl?
Wie ist es, wenn ich den Hochstuhl mit Kissen abpolstere?
In der aufrechten Haltung verändert sich bei jeder Arm-, Bein- oder Kopfbewegung die Rumpfposition, worauf der Köper mit Gleichgewichtsreaktionen handelt. Gleichgewichtsreaktionen können in der Senkrechten erst gehalten werden, wenn das Kind selbstständig in die Senkrechte gelangen und sich dort halten kann, egal, ob sitzen oder stehen.
Sitzt also ein Kind in einem Hochstuhl, abgepolstert mit Kissen, wird es sich bei fehlender Gleichgewichtsreaktionen in die Kissen „hängen“- das hat also nichts mit Rumpfaktivität zu tun.
Sitzt ein Baby aber auf dem menschlichen Schoß, gleicht der Erwachsene Haltungsveränderungen des Kindes aus.
Vor allem hinsichtlich der Frage, ob es zum Beikoststart der Hochstuhl mit Kissen sein darf, muss die Antwort also NEIN heißen!
Lasst das Kind zum Beikoststart bitte sitzend auf eurem Schoß so lang es selbst noch nicht in den Sitz, bzw Stand, gelangen kann!
Ab wann darf das Baby im Hochstuhl sitzen?
Sobald es dann selbstständig in den Sitz gelangt, könnt ihr es bedenkenlos in einen Hochstuhl setzen.
Hochstühle sind praktisch: so können kleine Kinder am Familientisch auf Augenhöhe mit essen, kommunizieren und am Familienleben teil haben.
Was solltest du bei Hochstühlen beachten?
Ein Hochstuhl sollte
⁃ standfest, umkippbar sein
⁃ Eigenständig vom Kind benutzbar sein
⁃ keine Rollen haben
⁃ Abgerundeten Kanten haben
⁃ gut verarbeitet sein
⁃ Verschiedene Sicherheitsmöglichkeiten je nach Fähigkeiten des Kindes haben
⁃ Mitwachsen können
⁃ Eine Fußstütze haben
Diese Fußstütze oder auch Fußbrett ist enorm wichtig, um dem Kind richtigen Halt zu geben. Das Kind bekommt dadurch einen Aufrichtungsimpuls des Rumpfes. Diese Aufrichtung der gesamten Wirbelsäule, vor allem auch der Halswirbelsäule mit Kopfkontrolle ist vor allem für die Kontrolle des Schluckens wichtig!
Stell dir mal vor, du sitzt längere Zeit mit baumelnden Füßen- irgendwann suchen deine Füße dann halt an den Fußbeinen oder Tischbeinen… mit Fußbodenkontakt sitzen auch wir Erwachsenen viel aufrechter.
Der Hochstuhl sollte bitte kein Aufbewahrungsort sein! Also bitte bleibt im Raum. Es gibt viele Verletzungen durch Stürze aus oder mit dem Hochstuhl, z.B., wenn die Kinder versuchen, alleine raus zu klettern oder sie sich am Tisch mit den Beinen abstoßen.
Du schreibst „…so lang es selbst noch nicht in den Sitz, bzw Stand, gelangen kann!“. Was wenn sich das Kind schon früh (6 Monate) in den Stand ziehen kann aber nicht selber zum Sitzen kommt?
Liebe Stephanie, dann ist das eine individuelle Entscheidung, die nur du treffen kannst. 🙂 Will dein Baby ggf. einfach nicht sitzen – verfügt aber schon über eine super Rumpfkontrolle? Dann ist sie soweit. Aber aus der Ferne kann man das nicht beurteilen. LG Lena
Vielen Dank für die wertvollen Tipps. Gibt es einen Erste Hilfe Kurs, den ihr empfehlen könnt? Danke und viele Grüße, yu
Ja, schau doch mal bei Juliane von Lütt & Safe. LG Lena
Hallo,
Ich finde das meine Zwillinge (8 Monate) bereit sind für den beikost Start! Jetzt ist es nur so, dass einer einfach nur schlingt und sich deshalb ununterbrochen verschluckt. So macht das natürlich auch kein Spaß. Ist es evtl. doch noch zu früh? Alleine sitzen können sie noch nicht, auf dem Schoß allerdings recht gut..
Dankeschön und liebe Grüße, Ann-Katrin
Wenn die drei Beikostreifezeichen erfüllt sind, ist dein Baby auch bereit für die Beikost. 🙂 Wenn es sich für euch aber noch nicht gut anfühlt, schadet es auch nicht, noch mal eine kurze Pause zu machen und in ein paar Wochen neu zu starten. Solange dein Baby noch Muttermilch oder Pre-Nahrung bekommt, ist es im ersten Lebensjahr weiterhin gut versorgt.