Da breifrei und BLW (baby-led weaning) für manche Eltern ein völlig neues und unbekanntes Thema ist und viele Mamas bestimmt genauso wie ich vor einigen Monaten auf der Suche nach Informationen sind, haben wir uns dazu entschlossen eine Erfahrungsbericht-Reihe ins Leben zu rufen. Hier möchten wir allen Mamas und gerne auch Papas von breifreibabys eine Plattform bieten, ihre Erfahrungen und Tipps zu teilen. Ich denke, davon können wir alle profitieren. Wenn auch du mitmachen willst, und Lust hast deine und eure Erfahrungen mit breifrei und baby-led weaning zu teilen, dann melde dich gerne jederzeit unter breifreibaby@gmail.com für mehr Infos!
Erfahrungsbericht breifrei
Heute geht es im Erfahrungsbericht um breifreie Beikost, vegane Beikost und vorallem um Beikost ohne Füttern. Stephi plaudert aus dem Nähkästchen und erzählt dir, wie der Beikoststart bei ihr abgelaufen ist.
Stephi und ihre Familie
Stephi ist Ernährungscoach und Mama, Autorin von Blair, einem Blog über Veganismus, Elternschaft und Minimalismus in der Familie. Aber sie stellt sich dir selbst vor.
Das sind wir: Eine vegane Familie mit zwei BLW-Kindern
Mein Name ist Stephi, ich bin 34 und Mama von zwei Söhnen. Der Große ist viereinhalb und der Kleine wird im Mai zwei Jahre alt.
Beide Kinder sind BLW-, also „breifrei“-Kinder. Wobei man eher sagen müsste „fütterfrei“- Kinder, denn Brei haben sie beide gerne selbst gegessen. Dazu kommt noch eine Besonderheit, denn wir leben als Familie vegan. Fast vegan, denn der Große möchte da nicht (immer) mitmachen, da er noch allesessend aufgewachsen ist. Der Kleine ist seit seiner Geburt vegan.
Wir haben mit beiden Kindern sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht – nicht nur im Bezug auf den Veganismus und vegane Beikost. Ich freue mich, dass Annina auf mich aufmerksam geworden ist, und unterstütze ihre wertvolle Arbeit sehr gerne mit einem Erfahrungsbericht. (Wenn du mehr über das Thema vegan für Kinder lesen willst, dann empfehlen wir dir unseren Ausführlichen Beitrag Vegane Beikost – dort findest du wichtige Infos zu Nährstoffen, Lebensmitteln und dem Bedarf von Babys und Kindern.)
Wir wollen niemals füttern
Als „alte Hasen“ des BLW haben wir zu einer Zeit gestartet, als es ausschließlich englische Literatur (wie z.B. Gilly Rapley) gab und man als Mutter in der Öffentlichkeit angeschaut wurde, als ob man sein Kind umbringt. Ich finde, dass das Thema in den letzten vier Jahren enorm an Aufmerksamkeit gewonnen hat, was Vieles leichter macht. Darüber freue ich mich sehr.
Beikost ohne Füttern – baby-led weaning
Ein bisschen Zufall und Glück war schon dabei, denn ich bin in einem Forum für natürliche Familienplanung darauf aufmerksam geworden. Hier tummelten sich viele „alternative“ Mamas, die bewusst aus gesellschaftlichen Normen ausbrechen, zum Wohle ihrer Kinder. Als mein Großer vier Monate alt war, dachte ich, es sei an der Zeit mich mit dem Thema Beikost zu beschäftigen. Ich war mir dabei zunächst sicher, dass er – wie alle anderen auch – Brei gefüttert bekommt. Bis ich eben in jenem Forum auf den Begriff „Baby-Led Weaning“ aufmerksam wurde. Google ging an und ein paar Tage später lagen zwei Bücher auf meinem Tisch: „Baby-Led Weaning“ und „Baby-Led Weaning Cookbook“ von Gill Rapley und Tracey Murkett, beide in Englisch. Ich verschlang die Literatur förmlich (was ja irgendwie auch zum Thema Essen passt) und war mir danach sicher, ich werde mein Kind niemals füttern.
Weitere zwei Monate später, kurz bevor mein Großer sechs Monate alt war, trafen wir alle Vorkehrungen und unsere abenteuerliche Reise auf dem Weg zum „echten“ Essen begann.
Buchempfehlungen zum Thema breifrei und baby-led weaning haben wir als BLW Buch Tipps zusammengefasst.
Ein unverhoffter Start
Zu Hause war also alles präpariert, es sollte die nächsten Tage losgehen. Womit ich nicht rechnete, war mein Kind, dass sich bei einem Restaurantbesuch auf meinem Schoss sitzend einfach eine Pommes von meinem Teller klaute und sie aß. Einfach so. Das war der Start beim Großen. Einmal angefangen, machte er täglich unglaubliche Fortschritte, sodass er knapp vier Wochen später eine komplette Milchmahlzeit ersetzt hatte. Ich konnte es nicht fassen und das Umfeld auch nicht.
Es sah einfach irrwitzig aus wie dieser kleine Kerl, der noch nicht mal richtig sitzen konnte, Portionen an Nudeln verschlang, die denen eines Erwachsenen in nichts nachstanden. Wir waren stolz, dass er das so toll meisterte und waren uns sicher, dass wir ihm Erfahrungen vorenthalten hätten, hätten wir ihn gefüttert.
Er aß einfach alles, was wir ihm vorsetzten. Am liebsten Nudeln mit Sauce, aber auch indische Currys mit viel Gewürz und später auch Käse. (Heute ist er leider sehr viel wählerischer, weshalb wir viele Erfahrungen von Eltern, deren BLW Kinder nicht schnäubisch sind, nicht teilen können.)
Wir waren froh, uns für diesen Weg entschieden zu haben, es gab für uns keine Alternative mehr…
Kinder haben unterschiedliche Bedürfnisse
….bis der Kleine in das „typische“ Beikostalter kam. Ich hielt mich immer für eine sehr entspannte Mutter, aber ich war mit dem großen Esser auch wirklich verwöhnt. Der Kleine zeigte mir dann doch die Nerven auf, die man manchmal braucht, wenn es um das Thema Essen geht. Nicht nur im Bezug auf den Start und das Essen allgemein, sondern auch wenn es dann wirklich am Tisch zu Sache ging in punkto Würgen etc.
Mit sieben Monaten saß er schon lange ganz alleine, er war motorisch unglaublich weit. Er saß auch immer mit am Tisch und matschte fröhlich im Essen rum, aber er aß nicht. Irgendwann zweifelte ich an meinem BLW Konzept und versuchte ihn tatsächlich zu füttern. Ich, da ich ein großer Verfechter der selbstbestimmten Essweise OHNE füttern war, saß vor dem Zwerg und plapperte mir einen, damit er den Mund aufmachte. Ich dachte er muss doch langsam mal essen.
Aber auch das wollte er nicht. Also ließ ich es sein und wartete einfach. Ich stillte ihn neun Monate voll. Und als er mit neuneinhalb Monaten laufen konnte, fing er von jetzt auf gleich alleine an zu essen. Einfach so.
Auch für ihn war BLW genau das Richtige. Es dauerte eben einfach etwas länger und er brauchte auch mehr Übung. Er würgte teilweise bis zum Erbrechen, aber es machte ihm nichts aus. Er wollte essen, ich konnte es ihm nicht verwehren.
Was ich durch den Kleinen gelernt habe, waren zwei Dinge: 1. Ich hätte ihn auch gefüttert, wenn er es gewollt hätte, was mich von meinem Dogmatismus weg brachte; 2. Er lehrte mich Gelassenheit und Vertrauen in uns und meine Milch. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich stille ihn noch heute.
Der eigene Weg – ganz undogmatisch
Bei unseren Kindern hat BLW gepasst wie die Faust aufs Auge und deshalb würde ich mich natürlich immer wieder dazu entscheiden. Aber ich bin über die Zeit auch viel gelassener geworden, was den Dogmatismus vieler elterlicher Praktiken betrifft.
Das würde ich auch allen Eltern raten, die sich für BLW entscheiden. Macht das, was für euch und euer Kind am besten passt. Achtet auf die Bedürfnisse eurer Kinder und folgt diesen, dann könnt ihr nichts falsch machen. Vor allem aber lasst euch nicht reinreden und habt Selbstvertrauen in euch und eure Kinder.
Ich kann nur jedem raten BLW auszuprobieren. Ich glaube, dass es für die meisten Kinder eine tolle und wertvolle Erfahrung ist. Wenn es nicht klappt, kann man ja immer andere Wege einschlagen, die auch zum Ziel führen.
Ich wünsche allen Eltern eine Zeit voller Freude, neuer Erfahrungen und einen entspannten Beikoststart für alle Beteiligten! Genießt diese Zeit, sie geht so unfassbar schnell vorbei.
Vegane Frikadellen mit buntem Gemüse und Backkartoffeln
Als Rezept möchte euch gerne meine veganen Frikadellen mit buntem Gemüse und Backkartoffeln da lassen. Das Gericht wird sowohl von Babys als auch von Erwachsenen sehr gerne gegessen und deckt viele kritische Nährstoffe der pflanzlichen Ernährung für Kinder ab. Unter anderem enthalten die Frikadellen viel Eisen, aber auch viel Eiweiß und B-Vitamine. Zudem lassen sich alle Komponente wunderbar BLW tauglich darreichen. Z.B. kannst du die Frikadellen ganz zu Beginn der Beikost als Stangen formen, denn so kann dein Baby sie noch besser greifen.
Vegane Frikadellen
Zutaten
- 1 Tasse Erbsen alternativ TK-Erbsen
- 1 Tasse Kidneybohnen
- 1 Tasse Haferflocken
- 1 große Zwiebel
- 2 EL Senf
- Salz, Pfeffer
- Optional: Etwas Kreuzkümmel
- Die Beilagen
- Kartoffel vorwiegend festkochend
- Gemischtes Gemüse der Saison gerne auch TK z.B.:
- Kohlrabi
- Rosenkohl
- Möhren
- Brokkoli
Anleitungen
- Frikadellen:
- Zu gleichen Teilen Erbsen, Haferflocken und Kidneybohnen zerdrücken und mischen. Dazu die feingehackte Zwiebel, den Senf und die Gewürze geben und gut vermengen. Den Teig etwa 10 Minuten ruhen lassen, zu Frikadellen formen und in etwas Rapsöl ausbacken.
- Beilagen:
- Die Kartoffeln achteln und auf einem Blech etwa 35 Minuten bei 220° (Umluft) backen. Wer mit etwas Öl kochen möchte, kann nach etwa 20 Minuten die Kartoffeln mit einem Gemisch aus Öl und Paprika bestreichen.
- Das Gemüse vorbereiten und etwa 15 Minuten kochen oder dünsten.
- Alles in handgerechte Stifte schneiden und dem Baby servieren.
Mit den besten Wünschen
Stephi
Danke liebe Stephi, dass du eure Erfahrungen mit „fütterfrei“ – Beikost ohne Füttern mit uns geteilt hast und uns einen Einblick in das Thema vegane Ernährung gegeben hast. Ihr könnt Blair auch auf Facebook und Blair auf Instagram finden.
Wenn du mehr Erfahrungsberichte von anderen Mamis lesen möchtest, kannst du dich bei den Erfahrungesberichten breifrei durchklicken. Oder vielleicht hast du selbst Lust, einen Erfahrungsbericht zu schreiben. Dann melde dich gerne per E-Mail bei uns, wir freuen uns immer sehr, wenn andere Mamas ihre Erfahrungen teilen möchten.
Interessanter Bericht. Da kann ich einige Parallelen erkennen – inklusive der Umstellung auf vegan, als das große Kind schon größer war.
Wenn ich mich richtig erinnere, stand bei uns das Interesse an Pommes auch ziemlich weit oben, aber ich muss noch mal in meinen Babytagebüchern nachlesen, ehe ich der lieben Annina irgendwann hoffentlich auch meinen eigenen Bericht zukommen lasse. 😉
Liebe stephi,
Vielen Dank fuer diesen tollen Bericht und das Rezept wird bald ausprobiert.
Wir sind nämliche vegetarische / vegane BLWer ( seit der Zwerg löffeln kann und überhaupt nicht breifrei 😀 ) Und freuen uns gerade total eine Familie mit ähnlichenAbsichten entdeckt zu haben.
Liebe grüße
Vielen Dank für den tollen Bericht.
Wir leben zwar nicht vegan, sondern hauptsächlich „nur“ vegetarisch (und das auch nur zu Hause, bei Oma, im KiGa, etc dürfen sie alles essen), aber das Rezept klingt sehr lecker und wird bald ausprobiert.
Warum genau halten Sie das Füttern für nicht so gut?
Hallo Alica, beim Füttern werden aus unserer Sicht oft die Bedürfnisse des Babys übergangen. Wir sind davon überzeugt, dass die Babys selbst über Tempo, Menge und Art und Weise (mit Händen oder Besteck etc.) entscheiden sollten. In unserem Blogartikel unter: https://breifreibaby.de/breifrei-breifreie-beikost/ haben wir auch nochmal alle Vorteile von breifreier Beikost gebündelt. Schau gern mal rein, viele Grüße!